Konjugation
Die Verben
Der Schwabe verwendet beim Konjugieren eigentlich nur vier Zeiten, er spart halt überall:
Präsens: i mach (ich mache)
Perfekt: i hann gmachd (ich habe gemacht)
Plusquamperfekt: i hann gmachd khedd (ich hatte gemacht)
Futur: i mach oder besser noch: jeddz fang i glei zom macha o.
Das Imperfekt fällt fast gänzlich weg und wird durch das Perfekt ersetzt. Dabei geht der Schwabe
ganz genial über langatmige hochdeutsche Erzählformen hinweg, wie zum Beispiel in folgenden Satz:
'Ich bin heute in der Frühe aufgewacht, habe das Licht angemacht und ein wenig in meiner Zeitung gelesen,
dann bin ich aufgestanden.'
sondern sagt ganz einfach
'Heid morga benn'e bald aufgwachd, hann Licht gmachd und a bissle Zeidong gläsa, no benn'e uffgschdanda.'
Das Partizip Perfekt im Schwäbischen ist für Neigschmeckte oft schwer zu durchschauen. Meist entfällt
das 'e' in der Vorsilbe 'ge'. So heißt es 'gmoind' statt 'gemeint', 'grissa' statt 'gerissen und 'gschbronga'
statt 'gesprungen.
Manchmal geht die Vorsilbe aber auch ganz verloren, zum Beispiel in 'brocha' (gebrochen), 'kochd' (gekocht) und
'grachd' (gekracht).
Das Partizip Präsens ersetzt der Schwabe gerne mit einer "wo"- Konstruktion:
Aus der fahrende Zug wird des Zügle, wo fährd, die weinende Frau ist dia Alde, wo
rombleierd und die helfende Hand ist dia Hand, wo hilft.
Wichtig für Schwaben ist der oft benutzte Konjunktiv:
I däd macha (ich würde tun), i bräuchd (ich bräuchte)
bzw.i hedds gmacht (ich hätte es gemacht). Sehr oft hört man dazu den gezierten Satz 'Dees hedds doch nedd
bräuchd', also 'Das wäre doch wirklich nicht nötig gewesen.'
Mit dem Gebrauch des Konjunktivs schützt sich der Schwabe vor der Schmach verneinender oder ablehnender
Antworten:
Häddad mir morga d´Waschküch benutza dirfa? (Können wir morgen die Waschküche in Beschlag nehmen?)
oder Häbesch Du mir morga helfa wella ? (Könntest Du mir morgen zur Hand gehen?)
Eine kleine Anekdote zur Verdeutlichung des schwäbischen Konjunktivs:
Ein schwermütiger Tübinger Weingärtner arbeitet stundenweise im Garten eines Professors. Eines Morgens
klingelt sein kleiner Sohn bei der Frau des Professors und erklärt das künftige Fernbleiben seines Vaters mit
den Worten: 'Guada Morga Frau Professr, dr Vadr häb heid nedd komma kenna, er häb sich heut nacht uffkhengd!'.
Zwei kurze Verben hasst der schwäbische Familienvater am meisten, wenn er nach einem langen Arbeitstag müde nach
Hause kommt, nämlich dädsch und dua'mr.
Sein schwäbisches Ehegespons pflegt ihn dann gern mit Arbeit einzudecken: Dädsch Du mir dia Flascha en Kellr
draga! (Was sich so verbindlich anhört, ist ein glatter Befehl!) oder Komm, dua'mr gschwend s'Obschd em Garda
raa!und vieles mehr.
Kompliziert für Nichtschwaben ist der Gebrauch des Wörtchens 'haben'.
Wenn Sie den Satz 'I hau koi Geld' hören, dann meint ein Schwabe damit nicht, dass er prinzipiell nicht
auf EURO-Scheine einprügelt (des wär jo au nomml scheenr!), sondern dass er finanziell völlig abgebrannt ist.
Aber Vorsicht: Völlig pleite kann sich ein Schwabe schon dann fühlen, wenn sein Guthaben auf dem Bankkonto in
den sechsstelligen Bereich abgerutscht ist ..
Toll finde ich auch den Satz 'Sia häddad doch blos braucha leida, no wär i glei komme.', übersetzt: 'Sie hätten doch
nur klingeln müssen, dann wäre ich sofort erschienen.'
'I hau' ist die schwäbischere Variante von 'I hann', also 'ich habe'. Dies findet sich im übrigen auch noch in
Begriffen wie 'gau' (gehen), schdau (stehen) oder 'lau' (lassen). Der Satz 'I hau nen schdau lau.' ist
also bestes Schwäbisch und meint 'Ich habe ihn einfach stehen lassen.'
Witzig, das 'n' von haben taucht dann doch noch auf, wenn nämlich ein 'ich folgt: 'Weil d Mamma kei Geld
khedd hodd, han-e koi Eis kriagd.'
Auch beim Konjunktiv arbeitet der Schwabe virtuos mit 'haben'.
'Mei Frau moind, i häb jeddz gnuag Wei khedd.' Dieser Satz, der deutliche Zweifel an der Behauptung des
angetrauten Eheweibes über den gehabten Weinkonsum durchblicken lässt, würde in korrektem Hochdeutsch lauten:
'Meine Frau meint, ich hätte jetzt genug Viertele intus.'
Mit 'ich häbe, du häbeschd, er/sie/es häbe, wie häben, ihr häbed, sie häben', kann man sogar zwischen den Zeilen
arbeiten. Wenn ein Staatsanwalt sagt, 'der Angeklagte habe bestritten, die Tat gegangen zu haben', dann mag da
noch ein Fünkchen Glaube mitschwingen, aber bei der Aussage 'der Angeklagte häbe bestritten, die Tat begangen zu
haben', tendiert die Glaubwürdigkeit gegen Null.
Auch für den superkomplizierten Konjunktiv II hat das Schwäbische eine Antwort parat und sagt statt 'Wenn jetzt
endlich die Kellnerin kommen würde, würde ich die Rechnung bezahlen.' ganz einfach 'Wenn jetzt no d´Kellnere
komme däd, no däd e zahle.'
Ich selbst ertappe mich ab und bei den Worten: 'Däd I zahla kenna?'
Oder zum Schluss die typische Bäckerfrage am Ende des Einkaufs:
'Derfs no was sei?' 'Noi, des wärs!'
Also, des wärs dann!
Die wichtigsten Verben und ihre Konjugation:
Verb |
Präsens |
Imperfekt |
Perfekt |
sein |
i benn |
i war |
i be gwä |
haben |
i hann |
wie Perfekt |
i hann ghedd |
tun |
i dua |
wie Perfekt |
i hann do |
Alle schwäbischen Verben und ihrer Konjugation finden Sie unter Die Verben.